Zwei Telekonferenzen mit Bundesministerien

Am 01. April nahmen drei VertreterInnen des Bündnisses DaF/DaZ-Lehrkräfte an zwei Telekonferenzen teil, zuerst mit dem für Integrationskurse zuständigen Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat und danach mit dem für Berufssprachkurse verantwortlichen Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Eigentlich waren beide Treffen in Berlin geplant gewesen, aber wegen der Corona-Krise fanden sie als Telekonferenz statt.

 

Am zweieinhalbstündigen Gespräch mit dem BMI nahmen Dr. Juliane Rapp-Lücke (Leiterin des Referats Rechtsangelegenheiten und Maßnahmen der Integration) mit zwei MitarbeiterInnen und Uta Saumweber-Meyer (Leiterin der Abteilung Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt im BAMF) mit einem Mitarbeiter und für das Bündnis Dr. Claudia Liehr-Molwitz und Artur Sieg teil. Das zweistündige Gespräch im BMAS fand mit Frau Dr. Gunilla Fincke und zwei MitarbeiterInnen statt. Für das Bündnis waren Lioba Geier, Dr. Claudia Liehr-Molwitz und Artur Sieg dabei.

 

Zuerst wurde den beiden Ministerien die Petition "Gebt der Erwachsenen- und Weiterbildung eine Zukunft!" übergeben und über die prekäre Lage der Lehrkräfte in diesem Bereich gesprochen, die jetzt durch die Corona-Krise noch verschärft wurde. Die KollegInnen betonten, dass die Situation der Erwachsenbildung jetzt nicht so katastrophal wäre, wenn die Politik (auf allen Ebenen) auf das gehört hätte, was die Gewerkschaften, die Verbände (z.B. DVV) und die Lehrkräfte seit Jahrzehnten fordern und vorschlagen, wie z.B. eine bessere und nachhaltige Finanzierung der Erwachsenenbildung und soziale Standards.

(as)

Dann wurde über die prekäre Lage der Lehrkräfte und die Entwicklung im Integrations- und Berufssprachkurs gesprochen. Folgende Punkte wurden thematisiert: Erhöhung des Mindesthonorars bzw. der Trägerpauschale, Dynamisierung des Mindesthonorars, Mindeststandards für Festangestellte (z.B. Faktorisierung des Unterrichts, um Verträge mit 40 UE pro Woche zu verhindern), Urlaubsentgelt, Fortbildungen, Gruppengrößen, Ausschreibungen, Trägerwechselverbot und Online-Unterricht.

 

Besonders intensiv und lebhaft wurde über die Faktorisierung des Unterrichts gesprochen. Es wurde vereinbart, dieses Thema zu vertiefen.

 

Auch das Thema Online-Unterricht wurde ausführlich besprochen, vor allem im zweiten Gespräch. Die Bündnis-VertreterInnen lobten die Online-Tutorien, äußerten sich aber skeptisch bis kritisch über den in BSK geplanten Unterricht in virtuellen Klassenräumen. Die KollegInnen wiesen vor allem auf die nicht ausreichende technische Ausstattung, auf noch nicht für den Sprachunterricht im virtuellen Klassenzimmer optimierte Programme und auf die schlechte Computerkompetenz der meisten Teilnehmenden und auch vieler Lehrkräfte und Träger hin. Das Bündnis schlug vor, ein geeignetes Programm für den DaZ-Unterricht im virtuellen Klassenzimmer von erfahrenen DaZ-Lehrkräften und IT-Spezialisten gemeinsam für die Zukunft entwickeln zu lassen. Das Bündnis legte ein ausführliches Papier mit Anmerkungen zum Online-Unterricht in den BSK und allgemein zum Online-Unterricht vor, falls das BAMF darüber nachdenke, in Zukunft diese Unterrichtsform verstärkt in seinen Kursen einzuführen. Das BMI versicherte jedoch, dass es in den Alpha-Kursen auf keinen Fall Unterricht im Virtuellen Klassenzimmer geben werde.

Das BMAS betonte, dass es die Einführung von Online-Unterricht während der Corona-Krise ausdrücklich begrüße. Auch wenn sich das BMAS der vom Bündnis dargelegten Schwierigkeiten, die mit der Verlegung des Unterrichts in virtuelle Klassenzimmer verbunden ist, sehr bewusst sei, zeigten viele positive Rückmeldung

der Träger aus Sicht des BMAS´doch auch, dass die neuen Möglichkeiten des Online-Unterrichts als eine begrüßenswerte Chance gesehen werden, den in dieser Ausnahmesituation ansonsten flächendeckend drohenden Stillstand mit einhergehendem Sprachrückschritt in den BSK zu verhindern und Lehrkräften Einnahmemöglichkeiten zu verschaffen. Dabei werde selbstverständlich berücksichtigt, dass die digitalen Lehr- und Lernformen den Unterricht im Präsensunterricht in der Regel nicht gleichwertig ersetzen können. Im Trägerrundschreiben stehe dazu auch: "Zu Kursende sollen die prüfungsvorbereitenden Unterrichtseinheiten (UE) wieder im Rahmen eines Präsenzunterrichts durchgeführt werden. Hierfür können die Kurse um einen angemessenen Zeitraum, verlängert werden."

 

Bezüglich der ZQ für Berufssprachkurse bat das Bündnis darum, die von vielen KollegInnen schon gemachten und privat bezahlten Fortbildungen (wenigstens teilweise) anzuerkennen. Gegenwärtig werden noch konkrete Zulassungskriterien für Lehrkräfte erarbeitet und zum gegebenen Zeitpunkt Kursträgern und Lehrkräften bekannt gegeben. Dabei wird auch geprüft, inwieweit fachliche Vorqualifikationen anerkannt werden können.

 

Es wurde natürlich auch über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Lehrkräfte gesprochen. Beide Ministerien wiesen auf die Soforthilfen des Bundes und der Länder sowie auf den vereinfachten Zugang zur Grundsicherung hin. Konkret gilt: Wer zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und dabei erklärt, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, darf Erspartes in den ersten sechs Monaten behalten. Erst danach greifen wieder die bislang geltenden Regelungen für den Einsatz von Vermögen. Es erfolgt keine rückwirkende Prüfung des Vermögens (außer das erhebliche Vermögen wurde bei Antragstellung nicht angegeben). Erhebliches Vermögen liegt vor bei 60.000 Euro für das erste zu berücksichtigende Haushaltsmitglied und 30.000 Euro für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied.

Das BMAS betonte auch, dass das sog. „Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG)" auch für die Lehrkräfte hilfreich sei, denn die Integrations- und Berufssprachkursträger, die von den Maßnahmen zur Vermeidung von Ansteckungen betroffen seien, könnten einen Zuschuss erhalten, der grundsätzlich monatlich höchstens 75 Prozent des Durchschnittsbetrages der letzten 12 Monate entspreche. Diesen Zuschuss könnten die Träger anteilig an die Lehrkräfte weiterleiten.

Ein grundsätzlich bestehender Anspruch auf Zuschüsse nach § 3 SodEG bleibt von der Entscheidung des Sprachkursträgers unberührt, Berufssprachkurse im virtuellen Klassenzimmer fortzusetzen und Online-Tutorien durchzuführen oder diese Möglichkeiten nicht zu nutzen.

 

Das Bündnis warnte davor, dass die Kurse nach der Wiederaufnahme des regulären Unterrichts wahrscheinlich nicht reibungslos laufen werden, weil viele Lehrkräfte, die früher auch mit Husten und Fieber gezwungenermaßen leider arbeiten mussten, dies jetzt wegen der Ansteckungsgefahr nicht werden machen dürfen. Das wird sowohl für das Einkommen des Lehrkräfte als auch auf die Qualität der Kurse negative Folgen haben.

 

Beide Gespräche verliefen in sehr freundlicher und offener Atmosphäre. Sie waren informativ und konstruktiv. Über einige Punkte wurde auch lebhaft und kontrovers diskutiert. Die Bündnis-VertreterInnen hatten den Eindruck, dass ihre Anliegen sehr ernst genommen werden und die Verantwortlichen für einige Punkte mehr Verständnis zeigen.

(as)