Ingo Langenbach, ein Kollege aus Siegen, hat vor drei Wochen einen Brandbrief geschrieben, der an Medien, Gewerkschaften und vor allem Politiker*innen und das BAMF geschickt wurde. Der Kollege gehört der Bündnisgruppe Siegen-Wittgenstein an.
Langenbach beginnt mit dem Hinweis darauf, dass in unserer Branche Tausende Lehrkräfte vor dem finanziellen und beruflichen Aus stünden. Die Lage sei generell miserabel und prekär. "Wir haben keine Planungssicherheit und arbeiten in ständiger Ungewissheit, ob unsere Träger weiter Kurse vom BAMF finanziert bekommen. Wir arbeiten mit dem Damokles-Schwert im Nacken und sehen einer unter den derzeit gegebenen Bedingungen unausweichlichen Altersarmut ins Gesicht. (…) In Deutschland gibt es rund 2.200 Träger für Integrations- und Berufssprachkurse. Derzeit arbeiten mehr als 15.000 Lehrkräfte in den Sprachkursen des Bundesamtes. Von Seiten der Bundesregierung wird immer wieder betont, wie wichtig unsere Arbeit doch sei. Aber ähnlich wie beim Pflegepersonal und den Ärzten in Krankenhäusern oder den Einzelhandelskaufleuten hilft auch unserer Branche kein „Dankeschön!“. Integration ist eine Daueraufgabe für ein Einwanderungsland wie Deutschland und hier muss es sinnvolle und faire Dauerlösungen geben anstatt der Gewissheit auf Altersarmut."
Dann geht der Kollege auf die Corona-Krise und Soforthilfe ein. "Das Geld soll für drei Monate reichen, darf aber größtenteils nur für Betriebskosten genutzt werden, die wir als Solo-Selbstständige natürlich nur in geringem Maße haben. Jetzt haben wir Ende Mai 2020. Ich lebte schon vor dem Shutdown sehr sparsam. Der Gürtel war schon vor dem Shutdown zu eng geschnürt, Rücklagen konnten kaum angespart werden. Aber je länger dieser Zustand für uns anhält, je länger wir nicht arbeiten können, desto enger wird der Gürtel und die Luft knapper. Letzte Ausfahrt: Antrag auf ergänzende Hartz IV-Leistungen nach dem Sozialschutz-Paket - Existenzsicherung á la Hartz IV“. (…)
(as)
Wie viele Branchen traf der Shutdown auch die Erwachsenenbildung sehr hart. Viele private Bildungsträger mussten ihre Kurse auf Eis legen. Die Folge: viele Bildungsträger mussten ihre laufenden Kurse unterbrechen und Lehrkräfte verloren ihre Arbeit. Aufgrund der Corona-Pandemie sind unsere Kurse auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, 100% Verdienstausfall bei 100% laufenden Kosten. (…)
Die Corona-Pandemie ist allgegenwärtig und auch in der Presse das beherrschende Thema, aber die Themen Migration und Integration sind aus den Medienverschwunden. Aber sie sind da, die Bildungsträger, die Integrationskurse anbieten, ihre Lehrer und die damit verbundenen derzeitigen existentiellen Bedrohungen für beide Seiten.
Deshalb fordern wir ein Angestellten-Verhältnis bei den Trägern und bundesweit einheitliche Lehrverträge. Bessere Arbeitsbedingungen und Absicherung im Beruf und im Alter. Gleichstellung mit Lehrkräften an öffentlichen Schulen. Das muss drin sein! Wir wollen uns auch etwas aufbauen können im Leben. Wir Lehrkräfte leben immer in unsicheren Arbeitsverhältnissen. Finden keine Integrationskurse statt, dann hat unsere Branche auch keine Daseinsberechtigung mehr. Können wir nicht mit Menschen arbeiten, verlieren wir von jetzt auf gleich unsere -wenn auch prekäre- Lebensgrundlage, die sich viele von uns über Jahre hart erarbeitet haben.
Muss man sich in der Integrationsarbeit unseren Beruf als Lehrkraft leisten können? Das darf nicht sein."
Am Ende seines Briefes kritisiert Langenbach die Informationspolitik des BAMF bezüglich der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts. "Uns geht es
nicht darum, Kursöffnungen übers Knie zu brechen und das Risiko einzugehen, dass die Corona-Neuinfektionszahlen wieder steigen. Aber nach neun Wochen
Stillstand müssen wir als Lehrkräfte und unsere Träger doch wissen, ob und wie es in der Integrationsarbeit weitergehen wird."