Solidarität ist Zukunft

"Solidarität ist Zukunft"so lautete das diesjährige Motto der DGB-Gewerkschaften, dem in Stuttgart zum Internationalen Tag der Arbeit rund um den Stadtgarten unerwartet viele folgten: sowohl dem Zug durch die Innenstadt als auch der anschließenden Kundgebung.

Der 1. Mai ist der zentrale Tag im Jahr, an dem die Gewerkschaften für faire Arbeitsbedingungen eintreten. In Australien fanden am 1. Mai 1856 sog. Massendemonstrationen mit dem Ziel der Einführung eines Achtstundentags statt, und es dauerte 30 Jahre, bis in den USA im Jahre 1886 die nordamerikanische Arbeiterbewegung zum Generalstreik am 1. Mai aufrief, um den Achtstundentag durchzusetzen; bis dahin nämlich war ein 12-Stunden-Tag mit einem durchschnittlichen täglichen Verdienst von etwa 3 US-Dollar die Regel.  In den folgenden Tagen kam es in Chicago zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die als "Haymarket Massacre" in die Geschichte eingingen, mit traurigen Folgen: mehrere Tote unter den Arbeitern und Polizisten, Hinrichtung von Organisatoren und Suizid.

Im Juli 1889 rief man dann im Zuge des Gründungskongresses der Zweiten Internationalen in Paris den 1.Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ aus und erinnerte an die Geschehnisse drei Jahre zuvor. Bereits ein Jahr darauf, am 1.Mai 1890, dem Protest- und Gedenktag, fanden die ersten weltweiten Massendemonstrationen und Massenstreiks für den Achtstundentag, faire Arbeitsbedingungen und höhere Löhne statt.  In der Weimarer Nationalversammlung fasste man 1919 den Beschluss, den 1.Mai zum gesetzlichen Feiertag zu machen, was einmalig auch gelang. In den nächsten zehn Jahren folgten parteibedingte diskrepante Auseinandersetzungen, die schließlich im Berliner Blutmai gipfelten.  Nach der Vereinnahmung des Arbeitertags durch die Nationalsozialisten für sich und ihre Propagandazwecke, wurden die Gewerkschaften entmachtet und gleichgeschaltet. 1946 bestätigten die Alliierten den 1. Mai als Feiertag.

In Deutschland Ost und West unterschiedlich begangen, und in den 80er Jahren als harter Kampftag zwischen Autonomen und Polizei hat der 1.Mai in heutigen Zeiten an seiner ursprünglichen Bedeutung verloren: ein arbeitsfreier Tag im Kalenderjahr ist wohlgelitten, ein Arbeiter:innenklassenbewusstsein im Kampf um höhere Löhne und faire Arbeitsbedingungen, verbunden mit dem Gedenken an diejenigen Anarchisten und Sozialisten, die dafür ihr Leben gaben, ist in den Hintergrund getreten, wenn nicht gar verschwunden.

2021 heißt es im Sinne der DGB-Gewerkschaften: Solidarität. Für faire Löhne, für gute Arbeitszeiten, für Wertschätzung. Gemeinsam für etwas kämpfen – dann wächst die Solidarität. Und mit ihr wachsen auch wir; wenn es nicht nur um uns, sondern auch um andere geht, dann wachsen wir über uns selbst hinaus, bis wir unaufhaltbar sind. (https://dgbmedia.de/dgb/Spotzum1Mai2021_lo.mp4)

(chh)