ZQ BSK: ein achter Erfahrungsbericht

Liebe Kolleg*innen, wir, das Bündnis, bitten Euch um Erfahrungsberichte über Eure BSK-Zusatzqualifizierungen. Schickt uns bitte den Text in anonymisierter Form zu, und schreibt bitte gleich, ob Ihr mit einer Veröffentlichung einverstanden seid. Heute veröffentlichen wir unten einen achten Bericht.

 

"Ich hatte bisher vor allem Integrationskurse unterrichtet und war froh darüber, dass eine Fortbildung für Berufssprachkurse eingerichtet wurde. Tatsächlich hatte ich davor schon überlegt, einige (freiwillige) Fortbildungen dazu zu besuchen. Beste Voraussetzungen also. Dieser Frohmut verging mir aber schnell, als ich die Themenliste der ZQ las. Ich kann mich den meisten der bisherigen Berichte anschließen: Die BSK-ZQ ist inhaltlich total überfrachtet und in sozialer Hinsicht (Verdienstausfall) eine Zumutung. Mir hat aber ein Aspekt bei den bisherigen Berichten gefehlt: Das Portfolio. Auf rund 20 Seiten sollen dort Dozent*innen eine Selbstreflexion verfassen.

 

Grundsätzlich meine ich, dass es allen gut täte, sich zu reflektieren und Lehrkräften ganz besonders: Schließlich sind wir alle mehr oder weniger eingefahren in unserer Unterrichtsgestaltung. Seit dieser ZQ spüre ich aber eine gewisse Aggression in mir aufkeimen, sobald ich den Begriff „Selbstreflexion“ höre. Für mich besteht Selbstreflexion darin, einen kritischen Blick auf sich selbst zu richten und den eigenen Trott zu durchbrechen. Das verlangt einen solidarisch-kritischen Austausch in freier Atmosphäre, Muße und eine selbstbestimmte Wahl von Zeitpunkt und Themen.

Wie wurde diese Selbstreflexion in der ZQ angelegt? Wir sollten zu einem vorgeschriebenen Zeitpunkt zu vorgeschriebenen Themen mit einer vorgeschriebenen Seitenzahl in einem vorgeschriebenen Format reflektieren und diese Reflexion fristgerecht bei einer Behörde einreichen, die dann darüber befindet, ob diese Reflexion angemessen ist oder nicht. Für viele hätte es außerdem weitreichende berufliche Konsequenzen, wenn diese „Selbstreflexion“ nicht die erforderliche Punktzahl erhielte, deshalb ist ein gewisses Zittern vor dem Urteil der Behörde verständlich. Ein noch unpassenderer Rahmen für eine Selbstreflexion ist schwer vorstellbar.

 

Während ich für das Portfolio vor dem Rechner saß, war mir die Reflexion meiner Selbst nie ferner. Wahrscheinlich wäre es sinnvoll gewesen, bei einigen Themen einen kritischen Blick auf mich selbst zu richten, aber dazu war keine Zeit und ich war auch irgendwie nicht in der Stimmung dazu. Zu anderen Themen, da, wo ich den Eindruck hatte, dass es gerade ganz gut lief, wäre eine Reflexion nicht so wichtig gewesen. Natürlich hätte ich im Portfolio nicht einfach schreiben können „Alles OK“, dann hätte ich die erforderliche Punktzahl nicht erreicht. Die Seiten mussten schließlich mit irgendetwas gefüllt werden.

 

Nachdem ich während der ZQ schon vorgearbeitet hatte, habe ich mir ein Wochenende um die Ohren gehauen, um das möglichst schnell hinter mich zu bringen und ich habe am Ende selbst gestaunt, was dann auf diesen vielen Seiten stand. Ich weiß, dass sich andere länger damit herumgequält haben. Gebracht hat es mir und meinen Teilnehmer*innen nichts – im Gegenteil, die Unterrichtsvorbereitung in dieser hatte schwer darunter gelitten und in dem ganzen Stress gingen auch die Inhalte der ZQ verloren, die ich eigentlich gut hätte gebrauchen können.

 

Wenn ich anderen von diesem Portfolio erzähle, ernte ich Ungläubigkeit oder Belustigung. Mir ist noch niemand begegnet, der*die das für eine sinnvolle Aufgabe hält.

Während der ZQ und noch lange danach hat mich die Frage umgetrieben, wie Leute auf die Idee kommen, in einem derartigen Setting eine Selbstreflexion anzuordnen und was sie sich wohl davon versprechen. Der wahrscheinlichste Grund scheint mir, dass sich im Umfeld von BAMF und Telc eine Blase gebildet hat, die nur noch mit sich selbst kommuniziert und dass Außenstehende daher die Beweggründe niemals erfassen werden."