Dieser Bericht erschien in der E&W, 10/2021, Mitgliederforum, Seite 45 von einer Bonner Kollegin und wurde uns zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
"Ich mache zurzeit die in dem Artikel beschriebene „Zwangsfortbildung“. In meinem Fall bedeutet, dass ich für zehn Tage Fortbildung neun Tage meines Urlaubs opfern muss. Diese Fortbildung ist eine Farce und sehr zeitaufwändig. Neben den 80 Unterrichtseinheiten (UE) Präsenzunterricht gibt es viele Aufgaben, die die 80 UE Selbstlernphase überschreiten. Dazu kommt noch das zeitintensive Portfolio das nicht nur eine Reflexion über die Fortbildung ist, sondern zudem zusätzliche Aufgaben beinhaltet.
Mir wird eine UE mit rund 21 Euro brutto vergütet.Das bedeutet, dass ich 40 UE/Woche brauche, um ein einigermaßen angemessenes Monatsgehalt zu verdienen. Ich bin alleinerziehend mit drei Kindern. Wie soll man neben 40 UE / Woche noch so eine zeitaufwändige Fortbildung bewerkstelligen? Um den Aufgaben der Fortbildung und des Portfolio nachkommen zu können, habe ich trotzdem meine UE auf 20 reduziert, was einen enormen Gehaltsverlust bedeutet.
Eine Fortbildung ist sicherlich sinnvoll, aber nicht in diesem Ausmaß. Außerdem sehe ich nicht den Mehrwert für meinen Unterricht. Viele Module der Fortbildung sind viel zu theoretisch und realitätsfern. In den Spezialkursen sitzen Teilnehmende, die nicht alphabetisiert sind, nicht lesen können, es nicht gewohnt sind zu reflektieren, noch nie in ihrem Leben gearbeitet haben. Wie soll ich mit solchen Teilnehmenden Mediation durchführen, digitale Tools einbeziehen und über Teammeetings sprechen? Insofern widerspreche ich Herrn Christoph Sander, dem Pressesprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge( BAMF) heftig. Natürlich gehören Fortbildungen in jedem Beruf dazu. Aber meines Erachtens rechtfertigen 21 Euro pro UE diesen Zeit- und Nervenaufwand nicht. Ich habe viele Kollegen und Kolleginnen am Rande des Nervenzusammenbruchs erlebt und auch ich sehe mich vor dem Kollaps. Ich bitte euch als GEW: Sprecht dieses Problem beim BAMF und den entsprechenden Ministerien an. Ich bin gerade an einem Punkt, an dem ich diese Arbeit, die ich immer gern gemacht habe, nicht mehr machen möchte, weil ich mich nicht gesehen und überfordert fühle."