ZQ BSK: Ein zwölfter Erfahrungsbericht

Heute veröffentlichen wir unten einen zwölften Bericht zur ZQ BSK. Wir, das Bündnis, bitten Euch um Erfahrungsberichte über Eure BSK-Zusatzqualifizierungen. Schickt uns bitte den Text in anonymisierter Form zu, und schreibt bitte gleich, ob Ihr mit einer Veröffentlichung einverstanden seid.  Wir werden dann in einigen Wochen eine Auswahl ans BAMF und BMAS schicken.

 

Zurzeit schreibe ich am Portfolio der ZQ BSK, und es kostet mich regelrecht Überwindung, dafür Zeitfenster in meinem Alltag freizuschaufeln. Das liegt daran, dass diese ZQ in keiner Hinsicht rund oder gut durchdacht ist, denn wenn das so wäre, so würde ich sehr gern daran arbeiten.

 

Meine Kritikpunkte sind folgende:

Inhaltliche Überfrachtung: Den kompakten Inhalten wird zu wenig Zeit gegeben. Ich frage mich auch, wie man all die Aufgaben neben einer Erwerbstätigkeit noch leisten soll. Ich selbst bin an einer Berufsschule beschäftigt. Klausuren und Halbjahresnoten können nicht geparkt werden.

Reines Online-Format: Es ist kein Geheimnis, dass Online-Unterricht weniger effektiv ist als Unterricht im Klassenraum. Gerade diese Inhalte, ob nützlich oder nicht, erfordern eine gründliche Durcharbeitung, die in diesem Format schwierig bis unmöglich ist. Ich bin mir sicher, dass diese ZQ nicht so dringend ist, dass man damit nicht bis zu einer Normalisierung der Pandemiesituation hätte warten können, um wenigstens teilweise in Klassenraumpräsenz zu unterrichten.

Unterschiedliche Medienkompetenz der TN: Während einigen TN Zoom-Knöpfe erklärt wurden, blieb dem Rest nichts weiter übrig, als diese Erklärungen untätig abzuwarten. Dies war zu Beginn des Kurses sehr lästig und zog sich über das erste Wochenende.

Organisation: Ich habe es als harschen Eingriff in mein Privatleben empfunden, dass fünf ganze Wochenenden von der Zusatzqualifikation belegt wurden. Auch am Sonntag der Bundestagswahl war Kurszeit! Zudem beträgt die Bildschirmzeit je Kurstag 6 Stunden (Pausen bereits abgezogen). Dieser Wochenendeinsatz hatte zur Folge, dass ich montags geistig kaum einsatzfähig war, da die Erholungszeit fehlte. Nach dem letzten Kurswochenende streikte mein Rücken durch so viel Sitzzeit. Vier Tage lang musste ich Schmerzmedikamente nehmen, um mich wenigstens langsam bewegen zu können.

Lehrpersonal: Von den 5 Dozenten, die meiner Lerngruppe zugeteilt wurden, war eine Dozentin hervorragend, zwei gut, eine gerade noch ausreichend und ein Dozent unakzeptabel. In einem derart wichtigen und anstrengenden Programm sollte nur erstklassig geschultes Personal unterrichten. Alles Andere ist eine Qual und gefährdet den Lernerfolg.
Auch hatte ich den Eindruck, dass das Kursformat nicht allen Dozenten bekannt war. Warum? Wenn eine Lerngruppe sich durch viele gemeinsame Kursstunden bereits kennt, so ist es unangemessen, immer wieder Aufwärmspiele bzw. Kennenlernspiele durchexerzieren und Lebensläufe rekapitulieren zu lassen, nur weil man als Lehrperson in die Gruppe einsteigt. Es gibt andere Möglichkeiten, die Gruppe kennenzulernen. Dies und die Tatsache, dass die Gruppenmitglieder sich schon kannten, wurde verschiedentlich ignoriert. Ich war genervt von diesen Spielchen und verzweifelt wegen des Zeitverlusts, den diese mit sich brachten. Noch bizarrer ist es, wenn, wie bei uns geschehen, Spiele angeordnet werden, die in Integrationskursen üblich sind. Da fühle ich mich deplatziert.

Unklare Anforderungen: Die Anforderungen der ZQ sind so diffus, dass sogar die am besten orientierten Dozentinnen ins Schwimmen kamen bei dem Versuch, diese deutlich zu machen. Ein Dozent verlor sich auf Nachfragen regelmäßig in Spekulationen. Es war offenkundig, dass er keine Ahnung von den Details hatte.

Diskrepanz zwischen Anforderungen und Motivation: Die ZQ BSK ist anspruchsvoll und zeitaufwändig. Genau gesagt entspricht der Gesamtaufwand einem Vollzeit-Arbeitsmonat. Danach ist ein Portfolio mit genau festgelegtem Inhalt und einer Vielzahl an formalen Anforderungen zu erstellen. Das ist Universitätsniveau. Und was gibt es zu gewinnen? Den glücklichen Absolventen wird gestattet, in dem Beruf, in dem sie teilweise bereits viele Jahre tätig sind, weiter tätig zu sein. Wer an keiner ZQ teilnimmt oder diese nicht besteht, darf nicht weiter in Berufssprachkursen unterrichten. Dies ist ein für Fortbildungen unübliches KO-Kriterium und ein erheblicher Druck. Um so viel Druck zu verwenden, sollte es einen Anlass geben. Mir ist aber keiner bekannt. Folglich kommt bei mir als Kursleiterin an: Das BaMF treibt mal wieder eine Sau durchs Dorf und wir dürfen sie einfangen.
Der Sinn von Fortbildungen ist es, entweder die berufliche Handlungsfähigkeit im aktuellen Job zu sichern und anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder zu erweitern (Aufstiegsfortbildung). Per Definition ist die ZQ BSK also eine Anpassungsfortbildung. Da erhebt sich die Frage, in welchem Bereich unsere vorherige Handlungsfähigkeit nicht gesichert war und woran wir hier angepasst werden sollen.
Von einer Maßnahme dieses Inhalts und dieses Aufwands würde ich erwarten, dass sie gut durchdacht, begründet und organisiert ist, und dass sie Weiterbildungscharakter hat und mir somit neue, bessere oder erweiterte Berufsperspektiven sowie Anspruch auf ein besseres Gehalt verschafft.

Zuletzt muss ich daher leider konstatieren: Das vorherrschende Gefühl auf der Zielgeraden ist nicht etwa, viel Nützliches gelernt oder mich gewinnbringend vernetzt zu haben. Ich kenne zurzeit nur einen Gedanken, wenn ich am Portfolio sitze: Gott sei Dank ist das bald vorbei!

 

Ich hoffe, es vergehen Jahrzehnte, bis das BaMF sich erneut zum Brüten niederlässt.