Was genau ist Deutsch als Fremdsprache (DaF) oder Deutsch als Zweitsprache (DaZ)? Unter welchen Bedingungen arbeiten die Lehrkräfte? Wie können Menschen unterschiedlichster Herkunft sowie mit verschiedensten Bildungsvoraussetzungen überhaupt zusammen lernen, ohne eine gemeinsame Sprache zu sprechen? Hier geben wir Einblicke in unseren Beruf.
Unter "Deutsch als Fremdsprache" versteht man einen gesteuerten Lernprozess, der von Nicht-Muttersprachlern in einem nicht-deutschsprachigen Umfeld stattfindet.
Beispiel: eine Französin, die in Frankreich an der Schule Deutsch lernt, oder ein Inder, der in einer bestimmten beruflichen oder privaten Situation Deutschkenntnisse am Goethe-Institut in
Neu-Delhi erwirbt.
"Deutsch als Zweitsprache" wird im Unterschied dazu in einem deutschsprachigen Umfeld erworben, entweder ungesteuert durch Zuhören und Imitation oder durch systematisierende
Lernprozesse in Form von Unterricht.
Beispiel: Ein Einwanderer, der sich sofort nach seiner Ankunft in Wien intensiv mit der Sprache auseinandersetzt und der lernt, sich etwa bei der Arbeit in einem Restaurant mit
deutschsprachigen Gästen zu verständigen. Gleichzeitig besucht er aber auch einen Deutschkurs. Er bekommt also sprachlichen Input aus gesteuerten und ungesteuerten Lernkontexten.
Es leuchtet sofort ein, dass die Trennschärfe beider Begriffe begrenzt ist. Das Deutsch eines Japaners, der in Düsseldorf lebt, in einer japanischen Firma arbeitet, dort Japanisch und
Englisch spricht, sich in der Freizeit ausschließlich in einem japanischsprachigen Umfeld bewegt und samstags zwei Stunden Deutschunterricht nimmt, wird man sicher als "Fremdsprache"
bezeichnen. Trifft sich dieser Japaner nach einiger Zeit regelmäßig mit einer deutschsprachigen Kollegin zum gemeinsamen Tennisspielen, erweitert er bei gelegentlichen Gesprächen auf Deutsch
seinen Wortschatz, besonders bezüglich des Tennissports. Nun bewegt er sich womöglich schon in Richtung "Zweitsprachler".
Daneben bezeichnen die beiden Begriffe Deutsch als Fremdsprache / Deutsch als Zweitsprache auch die jeweilige wissenschaftliche Disziplin sowie das jeweilige
Unterrichtsfach.
Trotz Vollzeittätigkeit liegt das Einkommen dieser Lehrkräfte weit unter dem der LehrerInnen an Regelschulen. Als Freiberufler müssen sie ihrer Sozialversicherungspflicht selbst nachkommen,
was aufgrund der geringen Honorare zwangsläufig zu Altersarmut führt. Als hauptberufliche Honorarlehrkräfte sind sie oft wirtschaftlich von einem Träger abhängig und gelten somit als
arbeitnehmerähnlich Beschäftigte.
Mehr zum Thema: Arbeitsbedingungen der DaF/DaZ-Lehrkräfte
(PDF)
Zusammenfassung der Studie "Das Personal in der Weiterbildung":
"Unter Wert verkauft?", wb-web, 22.03.2018
Der Integrationskurs ist das wichtigste Deutschkursprogramm. Dieses wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgelegt und führt bis zum Sprachniveau B1. Je nach Hintergrund
und Einkommen des Teilnehmers werden die Kosten für den Kurs vom BAMF übernommen, bezuschusst oder aber der Teilnehmer trägt die Kosten selbst (sog. Selbstzahler). Mit einem Mindesthonorar
von 35 Euro pro Unterrichtseinheit sind die Integrationskurse meist "besser" bezahlt als andere Deutschkurse, was zu einer seltsamen Diskrepanz führt: an Volkshochschulen etwa verdient eine
Lehrkraft im BAMF-geförderten Kurs mehr als in einem vergleichbaren Kurs ohne BAMF-Förderung.
Aktuelle Zahlen, Ablauf, Inhalte und gesellschaftliche Bedeutung des Integrationskurses beschreibt die Bundeszentrale für politische Bildung: Integrationskurse
als Motor für gesellschaftlichen Zusammenhalt?", bpb, 05.02.2018
Zur Situation in den Willkommensklassen an Regelschulen führte Kanzlerin Angela Merkel ein Gespräch mit Lehrerinnen und Lehrern. Tagesschau berichtet im Artikel "Auf dem Rücken der Lehrer" (05.09.2018) über die Erfahrungen der Lehrenden.
"Wenn ein Kind Glück hat, gerät es in die Klasse eines guten, engagierten Lehrers, der seine Freizeit für Elterngespräche oder das Ausfüllen von Anträgen opfert. Wenn das Kind Pech hat, bleibt es auf der Strecke. Eine zynische Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass hier die Weichen für eine gesamte Bildungsbiografie gestellt werden, also die Zukunft eines Menschen davon abhängt."
Eine zynische Erkenntnis auch, dass Lehrerinnen und Lehrer immer wieder gezwungen sind, zwischen ihren eigenen Bedürfnissen und den Bedürfnissen der ihnen anvertrauten Kinder zu entscheiden. Wer schon keine moralischen Skrupel hat, Lehrer*innen zu verheizen, sollte es wenigstens aus personalpolitischen Gründen nicht tun. Dass die Stimmen der Lehrkräfte hier angehört wurden, ist sehr zu begrüßen; nun müssen Taten folgen.
Ein Schlüssel zur Behebung des Lehrermangels an den Regelschulen könnte auch darin liegen, den Lehrkräften aus der Erwachsenenbildung eine Chance zu geben. Sie bringen kein Lehramtsstudium mit, dafür aber dringend benötigte Erfahrung in Deutsch als Fremdsprache. Diese Quereinsteiger nur als befristet angestellte Lückenbüßer zu nutzen, ist kurzsichtig. Vielmehr müssten diesen Quereinsteigern, die bereits pädagogische Erfahrung mitbringen, die Möglichkeit gegeben werden, durch eine berufsbegleitende Weiterqualifizierung dauerhaft in den Schuldienst einzusteigen. Ein Beispiel dafür gibt es bereits in Thüringen (vgl. mdr, 06.11.2017).
(hb)
In den letzten Monaten gab es einige kritische, jedoch statistisch teils zweifelhafte Medienberichte über die als zu gering gesehenen Abschlussquoten des Integrationskurses (BamS zum Alphabetisierungskurs I FAZ). Einige Sprachkursreinrichtungen sahen dies als Anlass, ihre Perspektive auf den Integrationskurs zu schildern. Sie setzen die Ergebnisse ins Verhältnis zu den gebotenen Rahmenbedingungen und zu den verschiedenen Lebenshintergründen der Kursteilnehmenden. Ihre Botschaft: Man muss differenzieren. Nebenbei bieten diese Berichte einen eindrücklichen Einblick in den Unterrichtsalltag der Integrationskurse.
Auch das Bündnis DaF/DaZ-Lehrkräfte hatte bereits Anfang des Jahres einen Einblick in den Alphabetisierungskurs aus Sicht der Lehrkräfte zusammengestellt.
(hb)
Im Semiosisblog erklärt eine Deutschlehrkraft, was sie alles neben dem reinen unterrichten noch macht: "Wir sind Sozialarbeiterinnen, Therapeutinnen, Sekretäre, Vorbilder, Erziehende, Feinde und Freunde." Sie macht deutlich, wie anspruchsvoll ihre Aufgabe ist und warum Deutschkurse und -lehrkräfte unersetzbare Brücken bauen.
Anlass sind die massiven Kürzungen in Österreich u.a. bei den Deutschkursen. Das Fazit der Autorin: „Diese Kürzungen werden das Land teuer zu stehen kommen!“
(hb)
Gülay Iscan-Pilic hat acht Jahre lang Kinder mit Migrationshintergrund unterrichtet. In der b&w, Ausgabe 05/2018 (GEW Baden-Württemberg) erzählt sie von ihren Erfahrungen. Eine sensible und wertschätzende Haltung durchzieht den Artikel, gleichzeitig wird deutlich, wie anspruchsvoll ihre Arbeit ist und wie weit diese über das "reine unterrichten" hinaus geht: "Neben all dem Verständnis bedeutet Haltung vor allem eins: aktiv zu werden. Dinge zu tun, die getan werden müssen. Das kann bedeuten, Hausbesuche zu machen, das kann aber auch bedeuten, mit der Familie zum Turnverein zu gehen, um das Kind anzumelden. Dann und nur dann kommen die Menschen tatsächlich an."
→ "Für diese Menschen ändert sich alles", b&w, Ausgabe 05/2018
Was der Artikel leider nicht mehr erwähnt: Nicht alle Lehrkräfte in Baden-Württembergs Vorbereitungsklassen sind im Schulbetrieb so fest verankert wie die Autorin. Ausgerechnet der reiche Südwesten leistet sich eine skandalöse Befristungspraxis und setzt Lehrer*innen gerne mal für die Dauer der Sommerferien auf die Straße. Im Juli 2017 betraf dies 4.000 befristete Lehrer*innen in Baden-Württemberg, viele aus den Vorbereitungsklassen. Für 2018 liegen noch keine Zahlen vor.
Häufig wird über Flüchtlinge gesprochen, seltener mit ihnen. Eine Studie von 2017 hat daher Interviews mit Asylsuchenden ohne sicheren Aufenthaltsstatus geführt und herausgearbeitet, wie Geflüchtete selbst ihre Situation wahrnehmen.
Ein Aspekt, der in der öffentlichen Debatte noch unterschätzt werde, sei etwa der große Wunsch der Befragten nach sozialem Kontakt am Wohnort. Sprachkenntnisse erscheinen in der Studie als Querschnittsthema, das mit vielen anderen Bereichen zusammenhängt: "Als wir die Sprache gelernt hatten, waren viele große Wege für uns offen", drückt es ein junger Syrer aus.
Weitere wichtige Themen sind die Unterkunft (z.B. Belastung durch Lärm und Mängel, fehlende Sicherheit und Privatssphäre) sowie der Aufenthaltstatus (Angst und Unsicherheit). Was die Studie nicht mehr abdeckt: Die negative oder positive Entwicklung der Aspekte Unterkunft, Aufenthaltstatus und soziale Kontakte wirken sich andersherum auch auf die Konzentrationsfähigkeit, die Motivation und den Lernerfolg im Deutschkurs aus.
-> "Wie gelingt Integration? Asylsuchende über ihre Lebenslagen und Teilhabeperspektiven in Deutschland", Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, 2017
Die taz befasst sich in ihrem Artikel "Sie schafft das" (12.04.2018) ausführlich mit der Arbeit von Astrid Knabe, einer Berliner DaFZ-Lehrkraft. Die Kollegin schildert ihren Alltag in den Integrationskursen und berichtet über die prekären Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte sowie über die Altersarmut. Sie erzählt aber auch über die schönen Seiten der Integrationsarbeit mit Migrant*innen und Flüchtlingen. "Was ihr fehlt, ist die Wertschätzung für eine Arbeit, die sie doch letztlich im Auftrag der Bundesrepublik verrichtet." heißt es im Beitrag.
(as/hb)
Der Kulturschock ist groß - für beide Seiten. Eine Lehrkraft im Integrationskurs berichtet in der taz aus dem Unterrichtsalltag.
"Ich wünsche mir homogenere Gruppen, spezielle Kurse für Schnelllerner und viel mehr Stunden für Menschen mit geringer Schulerfahrung. Neben der Sprache aber geht es auch um Herausforderungen, die schwerer zu evaluieren sind als ein Deutschtest..."
→ zum Artikel: "Kulturschock Integrationskurs", taz, 03.03.2018
(as/hb)
Der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) wird 2018 neu verhandelt. Dies betrifft auch Angestellte an kommunalen Volkshochschulen. Im Interview mit der nds fordern Angestellte der VHS Bochum mehr Lohn, beschreiben die gestiegenen Anforderungen im Alltag der Volkshochschulen und weisen auf die Notwendigkeit einer besseren Grundfinanzierung hin - auch, um die freiberuflichen Lehrkräfte endlich angemessen vergüten und einstellen zu können. Dass an der VHS Bochum auch die Kursleitenden vom kommenden Tarifabschluss profitieren werden, ist eine Ausnahmeerscheinung: Hier ist ihre Honorarentwicklung auch an die Ergebnisse der Tarifverhandlungen gekoppelt.
Zum Artikel: "Ich will die Anerkennung unserer Leistungen sehen", nds, Februar 2018
An der VHS Rüsselsheim fehlen Lehrkräfte für den Alphabetisierungskurs. Nach Arjana Cajo-Fejzic, Koordinatorin für den Bereich Sprachförderung, übersteige die Nachfrage nach Alphabetisierungskursen das Angebot bei weitem. Der Artikel beschreibt auch die besondere Herausforderung, im Alphakurs zu unterrichten. Lehrkraft Ursula Hierold: „Die Vorbereitung dauert länger, man muss mehr mit Bildern arbeiten. Und ein bisschen kreativer sein.“
Main-Spitze, 16.02.2016: "Alphabetisierung: VHS Rüsselsheim sieht sich höherem Bedarf gegenüber"
(hb)